Konflikte gehören zu jeder Beziehung – beruflich wie privat.
Sie entstehen, wenn Menschen mit unterschiedlichen Erwartungen, Bedürfnissen oder Grenzen aufeinandertreffen.
Doch oft erleben wir Konflikte nicht als etwas Natürliches, sondern als Bedrohung.
Wir wollen sie vermeiden, schnell lösen oder jemanden verantwortlich machen.
Systemisches Coaching betrachtet Konflikte anders: nicht als Störung, sondern als Signal, dass im Miteinander etwas gesehen oder verstanden werden will.
Wo Menschen miteinander in Beziehung stehen, entsteht Reibung.
Das ist kein Zeichen von Scheitern, sondern Ausdruck von Lebendigkeit.
Jeder bringt seine eigene Geschichte, Wahrnehmung und Erfahrung mit.
Wenn diese Unterschiede aufeinandertreffen, reibt sich das System.
Reibung erzeugt Bewusstsein. Ohne sie würden wir nichts über uns selbst lernen.
Konflikte zeigen, dass Beziehungen lebendig sind.
Sie werden erst dann belastend, wenn wir sie als Angriff verstehen oder wenn sie sich wiederholen, ohne dass etwas ausgesprochen wird.
In vielen Auseinandersetzungen geht es weniger um die Sache als um das Bedürfnis, gesehen zu werden.
Doch unser erster Reflex ist oft die Suche nach Schuld:
„Wer hat angefangen?“ – „Wer hat überreagiert?“ – „Wer hat recht?“
Das Schulddenken verengt den Blick.
Systemisch betrachtet ist Verhalten immer sinnvoll im jeweiligen Zusammenhang.
Wenn jemand laut wird, schützt er vielleicht eine Grenze.
Wenn jemand schweigt, schützt er vielleicht sich selbst.
Im Coaching geht es darum, diese Dynamiken zu erkennen, ohne sie zu bewerten.
Denn Verständnis löst mehr als Verurteilung.
Hinter jedem Konflikt steht ein Thema, das gehört werden will.
Oft sind es verdeckte Bedürfnisse nach Wertschätzung, Sicherheit, Nähe oder Autonomie.
In Beziehungen wiederholen sich diese Muster, bis sie erkannt werden.
Beispiel:
Ein Teammitglied fühlt sich übergangen und reagiert genervt.
Der Kollege versteht das als Kritik und geht auf Distanz.
Beide erleben Frust, doch eigentlich geht es um das Bedürfnis, gesehen und respektiert zu werden.
Konflikte sind weniger ein Kampf gegeneinander als ein Versuch, verstanden zu werden.
Wenn wir beginnen, so zu schauen, verliert der Konflikt seine Schärfe.
Er wird zu einer Gelegenheit, die eigene Rolle im Miteinander zu reflektieren.
Im Coaching entsteht ein neutraler Raum – ohne Partei, ohne Schuldfrage.
Der Blick richtet sich nicht darauf, wer „recht“ hat, sondern darauf, wie das System funktioniert.
Welche Positionen, Erwartungen und unausgesprochenen Regeln prägen die Situation?
Was geschieht, wenn einer sich verändert?
Systemisches Coaching lädt dazu ein, den eigenen Anteil wahrzunehmen, ohne sich dafür schuldig zu fühlen.
Oft wird schon durch dieses Verstehen Bewegung möglich:
Der Blick weitet sich, Sprache verändert sich, und das, was festgefahren schien, wird wieder verhandelbar.
Wenn Schuld verschwindet, entsteht Verantwortung.
Nicht als Pflicht, sondern als Freiheit, Dinge anders zu gestalten.
Anstatt im Gegeneinander zu verharren, entsteht ein Miteinander, das auf Verständnis basiert.
Konflikte verlieren ihre Bedrohlichkeit und werden zu Lernmomenten: über uns selbst, über Kommunikation, über Beziehung.